Glasklar geregelter Zugang

Artikel vom 8. Juli 2025

Zyklische Produkttests stellen einen hohen Qualitätsstandard sicher. Den Aufbau eines neuen Bauteilprüflabors nahm die Schüco International KG zum Anlass, ihre Prüfstände mit einem modernen Betriebsartenwahl- und Zugangsberechtigungssystem auszustatten. Damit werden Personen geschützt und gleichzeitig Fehlbedienungen und Manipulationen vermieden.

Prüfstempel setzen ein Fensterelement im Prüfzentrum von Schüco unter Druck. Je nach Zugangs- und Berechtigungslevel kann der Bediener bei Stillstand der Anlage eintreten und auf die Applikationen zugreifen (Bild: Pilz/Frank Peterschröder)

Als langjähriger, vertrauensvoller Partner hat das Automatisierungsunternehmen Pilz von der ersten Beratung und der Erstellung eines Sicherheitskonzepts über die Auswahl geeigneter Komponenten bis zur abschließenden Validierung den gesamten Prozess federführend betreut.

Fenster und Türen sind prägende Bestandteile von Bauwerken. Über ihren Lebenszyklus hinweg müssen sie Funktionen wie Öffnen, Schließen und Kippen unzählige Male ohne Leistungseinbußen erfüllen. Dabei sind sie wechselnden Wetter- und Temperatureinflüssen ausgesetzt. Den gesetzlichen Vorschriften entsprechend sollen sie einen wesentlichen Beitrag zur Wärmedämmung leisten.

Die Schüco-Gruppe mit Hauptsitz in Bielefeld bietet hochwertige Systemlösungen für die Gebäudehülle aus den Materialien Aluminium, Stahl und Kunststoff. Das Produktportfolio umfasst Fenster-, Tür-, Fassaden-, Lüftungs-, Sicherheits- und Sonnenschutzsysteme sowie intelligente und vernetzbare Lösungen für den Wohn- und Objektbau. Das Unternehmen ist in mehr als 80 Ländern aktiv und beschäftigt rund 6800 Mitarbeitende.

Bauteile sowie komplette Fenster- und Fassadenelemente werden in mehreren Prüfzentren kontinuierlich diversen mechanischen Funktions-, Belastungs- und Stabilitätstests ausgesetzt. Hinzu kommen Prüfverfahren, die Klima- und Wetterereignisse simulieren. Die ermittelten Daten sowie die daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen der fortlaufenden Produktoptimierung.

Integriertes Konzept

Der Neubau eines Bauteilprüfzentrums am Firmenhauptsitz gab den Anstoß zur Entwicklung eines zeitgemäßen Konzepts für Safety und Security. Jeder Prüfstand sollte künftig den aktuellen Vorgaben der EG-Richtlinie 2006/42/EG entsprechen. »Die Idee war ein Berechtigungsmanagement mit zentraler Rechteverwaltung inklusive Sicherheitsinfrastruktur aus einer Hand. Ein System, das unmissverständlich regelt, wer Zugang zum jeweiligen Teststand hat und qualifikations- und personenbezogene Bedienberechtigungen erteilt«, bringt Michael Bohle, Team Lead Electrical Engineering and Calibration im Testzentrum, die zentralen Anforderungen auf den Punkt. »Eine Gesamtlösung aus Safety und Security, die wir auf unsere Bedürfnisse zuschneiden und auf sämtliche Prüfstände anwenden können. Diese konnte so nur Pilz bieten.«

Seit mehr als 20 Jahren verbindet Schüco eine enge und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit dem Automatisierungsunternehmen aus Ostfildern. Ein Beratertag mit eingehender Analyse von Aufgabenstellung und Rahmenbedingungen vor Ort sprachen für das ganzheitliche Identification and Access Management (I.A.M.) für Safety- und Security-Aufgaben auf Basis des Betriebsartenwahl- und Zugangsberechtigungssystems »PITmode flex«. Dieses beruht auf der RFID-Technologie, einem integrierten Webserver sowie der sicheren Auswerteeinheit Safe Evaluation Unit (SEU).

Die Bandbreite von »PITmode flex« reicht von der einfachen Freigabe über die Benutzerauthentifizierung bis zu einer komplexen Berechtigungsmatrix und firmenspezifischen Codierungen. Als übergeordnete Steuerungsinstanz fungiert die modulare Kleinsteuerung »PNOZmulti«. Sämtliche Sicherheitsfunktionen wirken somit auf alle Prüfstände, die Kleinsteuerung ist damit die zentrale Stelle zur Verwaltung aller Betriebsarten an den Prüfständen.

Einheitliches Schutzprinzip

Ein I.A.M., wie es bei Schüco zum Einsatz kommt, beinhaltet die Authentifizierung einzelner Nutzer, die Betriebsartenwahl sowie das Zugangsmanagement. In enger Kooperation erstellten beide Unternehmen im ersten Schritt ein integriertes Sicherheitskonzept für sämtliche Prüfstände. Diese haben die Aufgabe, Bau-, Einzelteile oder komplette Fenster- bzw. Fassadenelemente aus Aluminium oder Kunststoff diversen Belastungstests zu unterziehen. Sich absenkende Druckstempel beaufschlagen Prüfteile mit unterschiedlichen Gewichten. Sie testen dabei unter anderem die Stabilität sowie das Elastizitätsverhalten. Spezielle Prüfstände ermitteln, wie sich wechselnde Temperaturen auf die Fensterelemente auswirken.

In allen Fällen misst und übermittelt Sensorik die relevanten Daten. Je nach Größe und Prüfaufgabe stellen Testapplikationen im Kern identische, im Detail jedoch differenzierte Anforderungen an die Safety und Security. Die in den Testständen verbauten Antriebe und Handling-Applikationen bergen in unterschiedlichem Umfang Gefahren für das Bedienpersonal. »Das Schutzprinzip ist für alle Anlagen gleich, muss aber je nach Aufgabenstellung und Gefährdungssituation bei jeder Anlage individuell angepasst werden«, erläutert Bohle.

Personifizierte Rechte

Unterschiedliche Aufgaben und Betriebsarten erfordern entsprechende Kompetenzen und klar definierte Nutzerrechte. Nach Abschluss des Validierungsverfahrens sind bei Schüco heute drei Berechtigungslevel in Gebrauch. Weist sich eine Person per Schlüssel mit Level 1 am Zugangsberechtigungssystem »PITreader« aus, erhält sie ausschließlich Zugang zur stillgesetzten Maschine. Dort kann sie sich gefahrlos aufhalten, zum Beispiel für Reinigungsarbeiten. In keinem Fall kann sie die Anlage starten oder sonstige Eingriffe vornehmen. Personen mit Level 2 erhalten nicht nur Zugang zum Prüfstand. Ihrer Qualifikation entsprechend können sie definierte Prüfaufgaben vornehmen oder mechanische Anwendungen mit reduzierter Geschwindigkeit fahren. Schlüsselinhaber mit Level-3-Lizenz verfügen über das komplette Berechtigungsset und können auf einzelne Datenparameter zugreifen.

»Früher trugen unsere Mitarbeiter dicke Schlüsselsets mit sich herum. Heute kann ein Bediener mit einem einzigen personifizierten Schlüssel unterschiedliche Berechtigungen an mehreren Maschinen freischalten«, hebt Bohle einen wesentlichen Vorteil des Zugangsberechtigungsmanagements von Pilz hervor.

Einhausungen und Zuhaltungen

Auch Einhausungen und Türsicherungen zum Schutz von Bedienpersonal wie Besuchern sind Teil des Gesamtkonzepts. Um einen unverbauten Blick auf das Prüfgeschehen zu ermöglichen, hat sich das Unternehmen für die mit robustem Plexiglas ausgestatteten Schutz- und Trennsysteme von Axelent entschieden. Für den schwedischen Hersteller sprach die vorbildliche Integrierbarkeit von Bedien- und Zuhaltungskomponenten in die Bodenstützen sowie das ansprechende Design.

Einige Türen dürfen keinesfalls öffnen, bevor sich die bewegten und teilweise nachlaufenden Prüfmechaniken nicht in einem sicheren Halt befinden. Dort sorgen elektromagnetische Sicherheitszuhaltung »PSENslock« von Pilz im Verbund mit der modularen Kleinsteuerung »PNOZmulti 2« für Sicherheit. An anderen Zugangstüren kommen berührungslose magnetische Sicherheitsschalter Typ »PSENmag« zum Einsatz. Diese melden der Steuerung, ob Türen und Hauben sicher verschlossen sind, bevor ein Testlauf beginnt. Ein oder mehrere Not-Halt-Taster begegnen potenziellen Gefahrensituationen.

Potenzial für mehr

Nach Abschluss des von Pilz durchgeführten Validierungsverfahrens laufen die Prüfstände nach Plan. »Pilz hat uns bei diesem Projekt mit Engagement und hoher Fachkompetenz unterstützt«, betont Bohle. »Dank qualifizierter Beratung hinsichtlich der erforderlichen Komponenten, einem platzsparenden Flächenlayout und dem abschließenden Fazit, dass sicherheitstechnisch alles in Ordnung ist, haben wir gemeinsam die denkbar beste Lösung umgesetzt.«

Dass das ganzheitliche Zugangs- und Zugriffsberechtigungsmanagement I.A.M. für Safety- und Security-Aufgaben kreative Spielräume birgt, hat Schüco erkannt. In Kürze könnte das Berechtigungsmanagement auch Anwendung bei der Ausbildungswerkstatt finden: Um Gefährdungen beim Umgang mit elektrischem Strom zu minimieren, sollen abgestufte Schlüssellizenzen mit dem Ausbildungsstand der Auszubildenden einhergehen.

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