Badmöbelproduktion mit flüsterleiser Filtertechnik

Artikel vom 9. September 2019
Umwelt-, Brand- und Arbeitsschutzausrüstungen

Zu erklären, wie laut Leise sein kann, ist relativ schwer. Man sollte beim Erklären jedenfalls flüstern, damit man das Leise auch hört. Ein Schallpegel von beispielsweise 35 dB(A) liegt irgendwo zwischen Flüstern und leisem Vogelgezwitscher, mit 75 dB(A) ist ein handelsüblicher Staubsauger kaum zu überhören und 115 dB(A) sind auf Rockkonzerten nicht unüblich. Bisweilen sind aber eben die Dinge besonders leise, die man als eher laut verorten würde, beispielsweise eine Filteranlage. Eine Anlage, die die magische 35-dB(A)-Grenze unterschreitet, eröffnet Unternehmen, die in Nähe zu Wohngebieten produzieren, jetzt neue Möglichkeiten.

Der »Multistar«-Spülluftfilter bei Pelipal ist mit 35 dB(A) akustisch kaum wahrnehmbar.Bild: Höcker Polytechnik

Der »Multistar«-Spülluftfilter bei Pelipal ist mit 35 dB(A) akustisch kaum wahrnehmbar.Bild: Höcker Polytechnik

Nahe Paderborn, im ost-westfälischen Schlangen, erfüllt heute eine flüsterleise »Multistar«-Unterdruck-Filteranlage von Höcker Polytechnik bei der Pelipal GmbH ihren Job.

Das Unternehmen gehört zu Europas führenden Herstellern von Badmöbeln, dessen Angebot vom günstigen Einstiegsbereich bis hin zu exklusiven Luxusbadmöbeln mit mehrfacher Designprämierung reicht. Das familiengeführte Unternehmen wurde im Jahr 1906 gegründet, zählt über 550 Mitarbeiter an den verschiedenen Standorten und hat seit 1967 seinen Hauptsitz in Schlangen. War es vor 50 Jahren noch nicht unbedingt ein Problem, in direkter Nähe zu Wohngebieten eine Produktion zu betreiben, so haben in den letzten Jahren die gesetzlichen Bestimmungen, die Sensibilität bei Lärmemissionen und nicht zuletzt auch der weitaus leistungsstärkere Maschinenpark das Produzieren in solchen Situationen erschwert. Pelipal begegnet solchen Herausforderungen aktiv und modernisiert mit dem Maschinenpark auch die Filtertechnik. Die Investition in eine extrem leise Absauganlage sollte Leistungsreserven schaffen und Pelipal eine Erweiterung der Produktionskapazitäten ermöglichen.

Die Zellenradschleuse (links) und der Transportventilator (rechts) wurden in Schallboxen gekapselt. Bild: Höcker Polytechnik

Die Zellenradschleuse (links) und der Transportventilator (rechts) wurden in Schallboxen gekapselt. Bild: Höcker Polytechnik

Im Jahr 2016 begannen die Planungen für die neue Filteranlage. Die bestehende »Multistar«-Spülluftfilteranlage von Höcker Polytechnik erfüllte seit über 12 Jahren einwandfrei ihren Dienst, bot aber kaum Leistungsreserven für die Zukunft – und wichtiger noch: konstruktions- und bauartbedingt wären durch eine Nachrüstung von Schalldämmkomponenten die hohen Auflagen der Genehmigungsbehörde nicht zu erfüllen gewesen. Eine neue Filteranlage mit Leistungsreserven und mit allen verfügbaren Lärmreduktionsmaßnahmen war also erforderlich, da der einzig mögliche Standort des Filters in 65 Meter Entfernung vom angrenzenden Wohngebiet lag.

Unterbietung der 35-Dezibel-Marke

Sebastian Fella, einer der Geschäftsführer der Pelipal-Gruppe, erläutert dazu: »Die Herausforderung, in unserer besonderen topografischen Lage eine moderne Produktion zu betreiben, meistern wir hier schon seit mehreren Jahrzehnten. Ein moderner, leistungsstarker Maschinenpark ist uns besonders wichtig, da gerade der feuchte Badbereich sehr hohe Anforderungen an die Materialverarbeitung stellt. Unsere Kunden sollen schließlich lange Freude am Produkt haben. Um die Nachfrage der Kunden zeitnah befriedigen zu können, war uns die Erweiterung der Produktionskapazitäten besonders wichtig. Schnell wurden bei den Planungen auch die Themen Absaugen und Entstauben thematisiert; dabei stand uns Christian Horns von Höcker Polytechnik mit seinem Team zur Seite. Zusammen mussten wir das Kunststück hinbekommen, eine neue Filteranlage mit einer Leistung von 120.000 Kubikmetern pro Stunde so zu planen, dass ein Schallpegel von 35 dB(A) unter keinen Umständen überschritten wird.«

Produktionsleiter Bernd Osterloh bildete daher mit dem Düsseldorfer Institut für Schalltechnik, Raumakustik und Wärmeschutz (ISRW) Dr.-Ing. Klapdor GmbH sowie den Absaugspezialisten von Höcker Polytechnik einen Thinktank und begann mit den Planungen. Jede Geräuschquelle vom Motor bis zur Zellenradschleuse musste möglichst in Schallboxen gekapselt und Resonanzen im Filterhaus durch eine intensive Schalldämmung minimiert werden. Sämtliche Verrohrungen benötigten Geräuschisolierungen und all das musste konstruktiv zusammengefügt werden. »Seit August 2017 setzen wir das neue Filtersystem ein, es saugt unseren Maschinenpark bestmöglich ab und arbeitet so leise, dass Betriebsgeräusche kaum wahrnehmbar sind. Bei sämtlichen Testmessungen wurden die 35 dB(A) souverän unterschritten«, erläutert Fella.

Spülluftfilter mit integrierten Energiesparfeatures

Bei Pelipal arbeitet heute ein »Multistar«-Spülluftfilter mit 1.244 Quadratmetern Filterfläche. Die benötigten 120.000 Kubikmeter Gesamtvolumenstrom pro Stunde liefern die sechs frequenzgeregelten 37-Kilowatt-Ventilatoren (Energieeffizienzklasse IE3) im Ventilatoraufsatzmodul. Ein integriertes Wärmerückgewinnungsmodul mit Reststaubüberwachung sorgt für einen zusätzlichen Ökonomiegewinn, da die wertvolle Wärmeenergie der an den Maschinen abgesaugten staubhaltigen Rohluft weitestgehend erhalten bleibt. Die gefilterte Luft wird im Winterbetrieb in die Halle zurückgeführt mit einem Reststaubgehalt von weniger als 0,1 mg/m³ (H3) gemäß TRGS 553.

Bei Pelipal im ost-westfälischen Schlangen werden Badmöbel unter modernsten Produktionsbedingungen hergestellt. Bild: Höcker Polytechnik

Bei Pelipal im ost-westfälischen Schlangen werden Badmöbel unter modernsten Produktionsbedingungen hergestellt. Bild: Höcker Polytechnik

Eine Zellenradschleuse trägt Staub und Späne aus dem Filterhaus aus. Die Reststoffe werden dann über eine 35 Meter lange Transportleitung mit integriertem Transportventilator (15 Kilowatt, IE3) pneumatisch zum Silo gefördert. Auf dem Silo arbeitet ein schallisolierter Endabscheider mit flammdurchschlagsicherer Zellenradschleuse. Im Hintergrund sorgt eine durchdachte Steuerung für einen ökonomischen und sicheren Betrieb der »Multistar«-Filteranlage.

Eine solche Anlage im Flüstermodus zu betreiben, ist allerdings ein ambitioniertes und auch kostenintensives Projekt. Die Reduktion aller möglichen Lärmquellen stand von der Planung über die Konstruktion bis zur abschließenden Montage immer im Vordergrund. So wurden Rohre mit einem erheblich größeren Querschnitt eingesetzt, um Strömungsgeräusche zu reduzieren. Zusätzlich wurden die Rohre mit einer Schalldämmung versehen. Konstruktiv wurde eine möglichst gradlinige Rohrführung umgesetzt. Weiterhin reduziert ein Kulissenschalldämpfer die Windgeräusche der ausströmenden Luft. Eine 160 Millimeter starke Schalldämmung reduziert die Entwicklung von Resonanzgeräuschen im Filterhaus. Sonstige Geräuscherzeuger wie Zellenradschleuse oder Transportventilator wurden in spezielle Schallboxen eingekapselt.

Schallmessungen mit Bravour bestanden

Die Schallschutzprofis vom ISRW überprüften die Lärmpegel direkt nach Inbetriebnahme und waren vom Ergebnis positiv überrascht. An den Testpunkten im Wohngebiet erreichte die Filteranlage Testwerte von unter 35 dB(A). Stand man neben ihr, musste man sich schon konzentrieren und den Atem anhalten, um Betriebsgeräusche der Anlage zu hören. Planung, Technik und Umsetzung waren bei diesem Flüsterfilterprojekt ein voller Erfolg.

Auch für Christian Horns, begleitender Projektleiter von Höcker Polytechnik, war dieses Projekt eine spannende Herausforderung: »Seit über 20 Jahren unterstützen wir Pelipal mit unseren Lösungen für bestmögliche Fertigungsbedingungen und effiziente Maschinenentstaubung. Eine Filteranlage so zu planen, dass sie akustisch praktisch nicht wahrnehmbar ist, ist für uns natürlich auch nicht alltäglich, aber wir wissen, dass es machbar ist. Während des dreiwöchigen Betriebsurlaubs von Pelipal demontierte unser Montageteam die alte Filteranlage und installierte den neuen Spülluftfilter mit allen schalldämmenden Komponenten. Die Zusammenarbeit mit den Pelipal-Betriebstechnikern und den ISRW-Schallakustikern war von der ersten Planungsphase bis zur Inbetriebnahme erstklassig. Wir wussten, dass all die eingesetzten Maßnahmen und konstruktiven Kniffe ein Unterbieten der 35-dB(A)-Schallgrenze ermöglichten, doch die Anspannung war am Tag der Inbetriebnahme enorm hoch. Wir testeten an einem windstillen Wochenende, um die natürlichen Lärmemissionen zu reduzieren, und nach den ersten Messungen war klar, dass Pelipal die zusätzlich geplanten Produktionskapazitäten nutzen kann. Der Filter arbeitet unterhalb des geforderten Schallpegels und unser aller Einsatz hat sich gelohnt.«

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